Neuauflage: Gewürze - Das Standardwerk

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Dr. Manuela Mahn

Warum scharfes Essen wärmt und glücklich macht...

Mein Interview im Pfeffer-Magazin 02/2022.

Wer scharfes Essen liebt, der greift zu Chili und Knoblauch, Ingwer und Pfeffer. Ohne Gewürze kein scharfes Essen. Gewürzexpertin Dr. Manuela Mahn erklärt, warum wir es „hot and spicy“ mögen und wieso das unsere Gesundheit freut. Gerade in der Winterzeit.

Essen wir scharfe Gewürze, dann wird uns in Millisekunden brennend heiß, Tränen und Schweiß fließen. Wie kommt das? Und warum mögen wir es?

„Einige Gewürze besitzen Scharfstoffe. Wir kennen das Piperin im Pfeffer, das Capsaicin des Chilis oder auch das Shogaol aus getrocknetem Ingwer. Letzteres reizt die Thermorezeptoren in unserem Magen. Daher wird es uns im Bauch auch so schön warm, wenn wir Ingwer essen. Piperin und Capsaicin wirken im Mund wie eine ‚Verbrennung‘ und fördern die gesamte Durchblutung. In der englischen Sprache bezeichnet man Chili nicht ohne Grund als ‚hot‘, wobei wir die brennende Schärfe genau genommen als Schmerz wahrnehmen. Erkennt unser Gehirn diesen Schmerz, schüttet es schmerzstillende Stoffe und Endorphine, also Glückshormone, aus. Scharfes Essen macht glücklich.“

Einigen Gewürzen wird nachgesagt, unsere Immunabwehr zu unterstützen. Ist da etwas dran?

„Viele Menschen spüren intuitiv, dass ihnen beispielsweise ein Ingwertee im Winter guttut. Er wärmt uns spürbar auf. Aber trotzdem muss man sich fragen, ob er auch unsere Abwehrkräfte auf Trab bringt. Eine Humanstudie der Technischen Universität München und des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie ist dem 2018 nachgegangen. Die Wissenschaftler nahmen sich den menschlichen Speichel vor, denn seine molekularen Abwehrkräfte stellen die erste Bastion gegen eindringende Krankheitserreger dar. Tatsächlich steigerte das scharf schmeckende 6-Gingerol des Ingwers die Aktivität eines speziellen Enzyms, wodurch sich die antimikrobielle und fungizide Speichelabwehr verdreifacht. Szechuanpfeffer, dessen Scharfstoff ein prickelndes, aber auch betäubendes Gefühl hinterlässt, wirkt übrigens ganz ähnlich.“

Volkskunde und Wissenschaft gehen beim Ingwer also Hand in Hand …

„Ja, ich freue mich immer, wenn die moderne Wissenschaft bestätigt, was die Erfahrungsheilkunde schon lange weiß. Besagte Humanstudie hat sogar noch mehr herausgefunden: Wer in seinen Ingwertee, ganz klassisch, noch einen Schuss Zitronensaft hineingibt, der steigert die Abwehrkräfte seines Speichels zusätzlich. Im Winter steht in meinem Kühlschrank deshalb immer ein selbst gemachter Ingwershot, von dem ich jeden Tag ein Schnapsglas trinke. Neben frisch gepresstem Ingwer- und Zitronensaft mische ich auch Ingwerpulver hinein. Durch den Trocknungsprozess verändert sich das Gingerol, es wird zum Shogaol und damit noch schärfer.

Wie sieht es aus, wenn es für die Prophylaxe schon zu spät ist. Können Gewürze auch beim ersten Kratzen im Hals helfen?

„Da Knoblauch antibiotisch wirkt, mixe ich mir bei beginnender Erkältung oder einem grippalen Infekt einen Zitronen-Knoblauch-Drink. Dazu presse ich eine halbe Zitrone aus und hacke eine Knoblauchzehe fein. Zusammen gebe ich sie in eine Tasse, fülle sie mit 150 Milliliter heißem Wasser auf und süße mit Honig.“

Mit den Advents- und Weihnachtstagen steht uns eine besonders gewürzreiche Zeit ins Haus. Wie bekommt sie unserer Gesundheit?

„Ich bin zwar eine Freundin der modernen Wissenschaft, lasse mich aber gerne von der traditionellen Heilkunde inspirieren. In der TCM gelten neben dem Ingwer auch Cassia-Zimt und Gewürznelken als innerlich wärmend und Kälte vertreibend. Typische Wintergewürze, auf die ich im Hochsommer auch gar keinen Appetit hätte. Im Fall des Zimts ist das auch kein Wunder, denn das Zimtaldehyd in seinem ätherischen Öl sorgt für wohlige Wärme.“

Danke an Kerstin Rubel, die das würzige Interview mit mir führte.

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